Unified Patent Court
Lokalkammer München
Einheitliches Patentgericht
Juridiction unifiee du brevet
Leitsätze:
- Bei Verstößen gegen Anordnungen nach Art. 62 EPG× kann ohne weitere gerichtliche Vollstreckungsanordnung nach Art. 82 Abs. 4 EPG× ein Zwangsgeld verhängt werden.
- Die Voraussetzungen der Verhängung von Zwangsgeldern sind in Art. 82 Abs. 4 EPG× abschließend geregelt; im Recht der Vertragsmitgliedstaaten bestehende, weitergehende vollstreckungsrechtliche Erfordernisse sind insofern nicht zu beachten.
- Regel 118.8 der VerfO gilt nach ihrem eindeutigen Wortlaut („Die in Absätzen 1 und 2 (a) genannten Anordnungen…“; Art. 62 EPG× wird dort nicht genannt) nicht für Anordnungen nach Art. 62 EPG×.
Anordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts
in dem Verfahren auf Erlass einstweiliger Maßnahmen
UPC_CFI_2/2023
ACT_459746/2023
App_577241/2023
erlassen am 05.12.2023
ANTRAGSTELLER
| 1) | 10x Genomics, Inc. | Vertreten durch: | Tilman Müller-Stoy |
|---|---|---|---|
| (Antragstellerin) – 6230 Stoneridge Mall Road – 94588-3260 – Pleasanton – US | |||
| 2) | President and Fellows of Harvard College | Vertreten durch: | Tilman Müller-Stoy |
| (Antragsteller) – Suit 727E, 1350 Massachussetts Avenue – 02138 – Massachusetts – US |
ANTRAGSGEGNER
| 1) | NanoString Technologies Inc. | Vertreten durch: | Oliver Jan Jüngst |
|---|---|---|---|
| (Antragsgegnerin) – 530 Fairview Ave N – 98109 – Seattle (WA) – US | |||
| 2) | NanoString Technologies Germany GmbH | Vertreten durch: | Oliver Jan Jüngst |
| (Antragsgegnerin) – Birketweg 31 – 80639 Munich – DE | |||
| 3) | NanoString Technologies Netherlands B.V. | Vertreten durch: | Oliver Jan Jüngst |
| (Antragsgegnerin) – Paasheuvelweg 25 – 1105BP – Amsterdam – NL |
Sachverhalt
Die Antragstellerinnen haben am 1. Juni 2023 beim Einheitlichen Patentgericht (Lokal-kammer München) die Anordnung einstweiliger Maßnahmen wegen der Verletzung des EP 4 108 782 (Streitpatent) durch die Antragsgegnerinnen beantragt.
Die Lokalkammer hat am 19. September 2023 folgende Anordnung erlassen:
A.
Den Antragsgegnerinnen wird aufgegeben in den Hoheitsgebieten der Republik Österreich, des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, des Königreichs Dänemark, der Republik Estland, der Republik Finnland, der Französischen Republik, der Bundesrepublik Deutschland, der Italienischen Republik, der Republik Lettland, der Republik Litauen, des Großherzogtums Luxemburg, der Republik Malta, des Königreichs der Niederlande, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien und/oder des Königreichs Schweden, Folgendes zu unterlassen:
I.
ein Verfahren zum Nachweisen einer Vielzahl von Analyten in einer Zell- oder Gewebeprobe, umfassend:
- Anbringen (Mounting) der Zell- oder Gewebeprobe auf einem festen Träger;
- Kontaktieren der Zell- oder Gewebeprobe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei die Vielzahl der Nachweisreagenzien eine Vielzahl von Teilpopulationen der Nachweisreagenzien umfasst;
- Inkubieren der Zell- oder Gewebeprobe zusammen mit der Vielzahl von Nachweisreagenzien für eine ausreichende Zeitdauer, um Binden der Vielzahl von Nachweisreagenzien an die Analyten zu ermöglichen; wobei jede Teilpopulation der Vielzahl von Nachweisreagenzien auf einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei jedes der Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst: ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten der Vielzahl von Analyten zielt, und eine Vielzahl vorbestimmter Teilsequenzen, wobei das Sondenreagenz und die Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen miteinander konjugiert sind;
- Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen in einer zeitlich sequentiellen Weise, wobei das Nachweisen umfasst:
I. Verfahren zum Nachweisen einer Vielzahl von RNAs
Vielzahl von Teilpopulationen von Decodersonden umfasst, und wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede nachweisbare Markierung eine Signalsignatur produziert;
- Nachweisen der durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produzierten Signalsignatur;
- Entfernen der Signalsignatur; und
- Wiederholen von (i) und (iii) unter Verwendung eines unterschiedlichen Satzes von Decodersonden, um andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien nachzuweisen, wodurch eine zeitliche Reihenfolge der Signalsignaturen produziert wird, die für jede Teilpopulation von der Vielzahl von Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
(e) Verwenden der zeitlichen Reihenfolge der Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entspricht, zum Identifizieren einer Teilpopulation der Nachweisreagenzien, wodurch die Vielzahl von Analyten in der Zell- oder Gewebeprobe nachgewiesen wird, im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer der unter A. genannten Staaten anzuwenden oder zur Anwendung im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer der unter A. genannten Staaten anzubieten;
(unmittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 4 108 782)
II. Vorrichtungen
Vorrichtungen, die dazu geeignet sind, ein Verfahren zum Nachweisen einer Vielzahl von RNAs in einer Zell- oder Gewebeprobe durchzuführen, umfassend
- Anbringen (Mounting) der Zell- oder Gewebeprobe auf einem festen Träger;
- Kontaktieren der Zell- oder Gewebeprobe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei die Vielzahl der Nachweisreagenzien eine Vielzahl von Teilpopulationen der Nachweisreagenzien umfasst;
- Inkubieren der Zell- oder Gewebeprobe zusammen mit der Vielzahl von Nachweisreagenzien für eine ausreichende Zeitdauer, um Binden der Vielzahl von Nachweisreagenzien an die RNAs zu ermöglichen; wobei jede Teilpopulation der Vielzahl von Nachweisreagenzien auf eine unterschiedliche RNA zielt, wobei
jedes der Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst: ein Sondenreagenz, das auf eine RNA der Vielzahl von RNAs zielt, und
eine Vielzahl vorbestimmter Teilsequenzen, wobei das Sondenreagenz und die Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen miteinander konjugiert sind;
(d) Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen in einer zeitlich sequentiellen Weise, wobei das Nachweisen umfasst:
(i) Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei der Satz von Decodersonden eine Vielzahl von Teilpopulationen von Decodersonden umfasst, und wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede nachweisbare Markierung eine Signalsignatur produziert;
(ii) Nachweisen der durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produzierten Signalsignatur;
(iii) Entfernen der Signalsignatur; und
(iv) Wiederholen von (i) und (iii) unter Verwendung eines unterschiedlichen Satzes von Decodersonden, um andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien nachzuweisen, wodurch eine zeitliche Reihenfolge der Signalsignaturen produziert wird, die für jede Teilpopulation von der Vielzahl von Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
(e) Verwenden der zeitlichen Reihenfolge der Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entspricht, zum Identifizieren einer Teilpopulation der Nachweisreagenzien, wodurch die Vielzahl von RNAs in der Zell- oder Gewebeprobe nachgewiesen wird,
im Hoheitsgebiet eines der unter A. genannten Staaten zur Benutzung des Verfahrens im Hoheitsgebiet eines der unter A. genannten Staaten oder in den Hoheitsgebieten mehrerer dieser Staaten zur Anwendung im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer der unter A. genannten Staaten anzubieten und/oder zu liefern
ohne
(1) auf jedem Angebot, auf der ersten Seite der Bedienungsanleitung, in den Lieferpapieren sowie auf der Verpackung ausdrücklich, unübersehbar und blickfangmäßig herausgestellt darauf hinzuweisen, dass die Vorrichtungen nicht ohne Zustimmung der Antragstellerin zu 2) als Inhaberin des EP 4 108
5
782 zum Nachweis von RNA in einem Verfahren gemäß Ziffer A.I. verwendet werden dürfen und ohne Zustimmung der Antragstellerin zu 2) ein Verwenden zum Nachweis von RNA zu unterlassen ist,
(2) den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Antragstellerin zu 2) zu zahlenden angemessenen, von der Antragstellerin zu 2) zu bestimmenden, notfalls von dem zuständigen Gericht zu überprüfenden Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Vorrichtungen nicht ohne eine vorherige Zustimmung der Antragstellerin zu 2) für den Nachweis von RNA zu verwenden;
(mittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 4 108 782)
III. Nachweisreagenzien, die dazu geeignet sind, ein Verfahren zum Nachweisen einer Vielzahl von Analyten in einer Zell- oder Gewebeprobe durchzuführen, umfas send
- Anbringen (Mounting) der Zell- oder Gewebeprobe auf einem festen Träger;
- Kontaktieren der Zell- oder Gewebeprobe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei die Vielzahl der Nachweisreagenzien eine Vielzahl von Teilpopulationen der Nachweisreagenzien umfasst;
- Inkubieren der Zell- oder Gewebeprobe zusammen mit der Vielzahl von Nachweisreagenzien für eine ausreichende Zeitdauer, um Binden der Vielzahl von Nachweisreagenzien an die Analyten zu ermöglichen; wobei
- jede Teilpopulation der Vielzahl von Nachweisreagenzien auf einen unterschiedlichen Analyten zielt, wobei
- jedes der Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst: ein Sondenreagenz, das auf einen Analyten der Vielzahl von Analyten zielt, und
- eine Vielzahl vorbestimmter Teilsequenzen, wobei das Sondenreagenz und die Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen miteinander konjugiert sind;
- Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen in einer zeitlich sequentiellen Weise, wobei das Nachweisen umfasst:
Markierung umfasst, wobei jede nachweisbare Markierung eine Signalsignatur produziert;
- Nachweisen der durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produzierten Signalsignatur;
- Entfernen der Signalsignatur; und
- Wiederholen von (i) und (iii) unter Verwendung eines unterschiedlichen Satzes von Decodersonden, um andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien nachzuweisen, wodurch eine zeitliche Reihenfolge der Signalsignaturen produziert wird, die für jede Teilpopulation von der Vielzahl von Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
(e) Verwenden der zeitlichen Reihenfolge der Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entspricht, zum Identifizieren einer Teilpopulation der Nachweisreagenzien, wodurch die Vielzahl von Analyten in der Zell- oder Gewebeprobe nachgewiesen wird,
im Hoheitsgebiet eines der unter A. genannten Staaten zur Benutzung des Verfahrens im Hoheitsgebiet eines der unter A. genannten Staaten oder in den Hoheitsgebieten mehrerer dieser Staaten zur Anwendung im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer der unter A. genannten Staaten anzubieten und/oder zu liefern;
(mittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 4 108 782)
IV. Decodersonden, die dazu geeignet sind, ein Verfahren zum Nachweisen einer Vielzahl von RNAs in einer Zell- oder Gewebeprobe durchzuführen, umfassend
- Anbringen (Mounting) der Zell- oder Gewebeprobe auf einem festen Träger;
- Kontaktieren der Zell- oder Gewebeprobe mit einer Zusammensetzung, die eine Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst, wobei die Vielzahl der Nachweisreagenzien eine Vielzahl von Teilpopulationen der Nachweisreagenzien umfasst;
- Inkubieren der Zell- oder Gewebeprobe zusammen mit der Vielzahl von Nachweisreagenzien für eine ausreichende Zeitdauer, um Binden der Vielzahl von Nachweisreagenzien an die RNAs zu ermöglichen; wobei
jede Teilpopulation der Vielzahl von Nachweisreagenzien auf eine unterschiedliche RNA zielt, wobei
jedes der Vielzahl von Nachweisreagenzien umfasst: ein Sondenreagenz, das auf eine RNA der Vielzahl von RNAs zielt, und
eine Vielzahl vorbestimmter Teilsequenzen, wobei das Sondenreagenz und die Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen miteinander konjugiert sind;
(d) Nachweisen der Vielzahl von vorbestimmten Teilsequenzen in einer zeitlich sequentiellen Weise, wobei das Nachweisen umfasst:
- Hybridisieren eines Satzes von Decodersonden mit einer Teilsequenz der Nachweisreagenzien, wobei der Satz von Decodersonden eine Vielzahl von Teilpopulationen von Decodersonden umfasst, und wobei jede Teilpopulation der Decodersonden eine nachweisbare Markierung umfasst, wobei jede nachweisbare Markierung eine Signalsignatur produziert;
- Nachweisen der durch die Hybridisierung des Satzes von Decodersonden produzierten Signalsignatur;
- Entfernen der Signalsignatur; und
- Wiederholen von (i) und (iii) unter Verwendung eines unterschiedlichen Satzes von Decodersonden, um andere Teilsequenzen der Nachweisreagenzien nachzuweisen, wodurch eine zeitliche Reihenfolge der Signalsignaturen produziert wird, die für jede Teilpopulation von der Vielzahl von Nachweisreagenzien eindeutig ist; und
(e) Verwenden der zeitlichen Reihenfolge der Signalsignaturen, die der Vielzahl der vorbestimmten Teilsequenzen des Nachweisreagenzes entspricht, zum Identifizieren einer Teilpopulation der Nachweisreagenzien, wodurch die Vielzahl von RNAs in der Zell- oder Gewebeprobe nachgewiesen wird,
im Hoheitsgebiet eines der unter A. genannten Staaten zur Benutzung des Verfahrens im Hoheitsgebiet eines der unter A. genannten Staaten oder in den Hoheitsgebieten mehrerer dieser Staaten im Hoheitsgebiet eines oder mehrerer der unter A. genannten Staaten anzubieten und/oder zu liefern,
ohne
- auf jedem Angebot, auf der ersten Seite der Bedienungsanleitung, in den Lieferpapieren sowie auf der Verpackung ausdrücklich, unübersehbar und blickfangmäßig herausgestellt darauf hinzuweisen, dass die Decodersonden nicht ohne Zustimmung der Antragstellerin zu 2) als Inhaberin des EP 4 108 782 zum Nachweis von RNA in einem Verfahren gemäß Ziffer A.I. verwendet werden dürfen und ohne Zustimmung der Antragstellerin zu 2) ein Verwenden zum Nachweis von RNA zu unterlassen ist,
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den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Antragstellerin zu 2) zu zahlenden angemessenen, von der Antragstellerin zu 2) zu bestimmenden, notfalls von dem zuständigen Gericht zu überprüfenden Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Decodersonden nicht ohne eine vorherige Zustimmung der Antragstellerin zu 2) für den Nachweis von RNA zu verwenden;
(mittelbare Verletzung von Anspruch 1 des EP 4 108 782)
B.
Für jede einzelne Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen nach Ziffer A.I. bis A.IV. hat die jeweilige Antragsgegnerin ein (ggf. wiederholtes) Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250.000 EUR an das Gericht zu zahlen.
C.
Im Übrigen wird der Antrag auf Anordnung einstweiliger Maßnahmen abgewiesen.
D.
Die von den Antragsgegnerinnen gestellten Anträge werden abgewiesen.
E.
Die Antragsgegnerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu erstatten.
F.
Die oben aufgeführten Anordnungen sind sofort wirksam und vollstreckbar.
Die Anordnung wurde den Parteien am 20. September 2023 über das CMS zugestellt.
Die Antragstellerinnen behaupten mit ihrem Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld vom 28. September 2023, die Antragsgegnerinnen hätten gegen die Anordnung vom 19. September 2023 verstoßen, indem sie
- entgegen Ziffer A.I. der Anordnungen vom 19. September 2023 die Durchführung des patentverletzenden Verfahrens im CX-Lab in Amsterdam beworben habe;
- auch noch am 26. September 2023 die angegriffene Ausführungsform 1 (CosMx) im Internet für die EPG-Mitgliedsstaaten ohne den nach der Anordnung Ziffer A.II. erforderlichen Hinweis angeboten haben;
- auch noch am 26. September 2023 das CosMx auf Veranstaltungen in den UPC-Mitgliedstaaten, unter anderem in Deutschland und Frankreich, angeboten haben („Spatial Multiomics Summits“);
- auch noch am 27. September 2023 die angegriffene Ausführungsformen 1 (CosMx) und 3 (Decodersonden) in den im Internet abrufbaren „Instrument User Manual“ und „Manual Slide Preparation“ ohne den nach den Anordnungen Ziffer A.II. und IV. erforderlichen Hinweisen angeboten haben;
- auch noch am 26. September 2023 auf ihrer Webseite https://nano-string.com/about-us/cx-labs/cxlab-amsterdam/ eine Tour zur Produktpräsentation angeboten haben, wovon unter Verstoß gegen die Anordnungen in Ziffern A.II., III. und IV. sämtliche angegriffenen Ausführungsformen betroffen seien;
Die Antragstellerinnen haben daher beantragt,
- die Antragsgegnerinnen durch ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 EUR dazu anzuhalten, der Anordnung in Ziffer A.I. in der Entscheidung des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts in dem Verfahren auf Erlass einstweiliger Maßnahmen betreffend das EP 4 108 782, Verfahrensnummer UPC CFI 2/2023, erlassen am 19. September 2023, Folge zu leisten.
II. die Antragsgegnerinnen
- durch ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 250.000 EUR dazu anzu-
halten, der Anordnung in Ziffer A.II., und
- durch ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 100.000 EUR dazu anzu-
halten, der Anordnung in Ziffern A.III. und IV.
in der Entscheidung des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patent-
gerichts in dem Verfahren auf Erlass einstweiliger Maßnahmen betreffend
das EP 4 108 782, Verfahrensnummer UPC CFI 2/2023, erlassen am 19.
September 2023, Folge zu leisten.
Die Antragsgegnerinnen haben b e a n t r a g t,
den Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld vom 28.09.2023 vollumfänglich
und kostenpflichtig zurückzuweisen;
hilfsweise:
über den Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld vom 28.09.2023 nicht ohne
mündliche Verhandlung – möglich als Videoverhandlung nach Regel 354.4 in
Verbindung mit Regel 264 VerfO – zu entscheiden.
Die Antragsgegnerinnen sind unter Verweis auf Art. 82 Abs. 3 EPG× der Ansicht, die
Vollstreckungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Für die Vollstreckung würden die Voll-
streckungsverfahren und -bedingungen gelten, welche in dem jeweiligen Vertragsmit-
gliedstaat gelten, in dem die Vollstreckung stattfinde. In Deutschland setze die Vollzie-
hung einer einstweiligen Verfügung voraus, dass eine Parteizustellung erfolgt ist. In
Frankreich sei die Zustellung der Entscheidung durch einen Gerichtsvollzieher erfor-
derlich. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass nationale Vollstreckungsbedingungen
auf einstweilige Anordnungen des EPG nicht anzuwenden sind, ergebe sich aus allge-
meinen Vertrauensschutzgesichtspunkten, dass der Vollstreckungsgläubiger den Voll-
streckungsschuldner – ggf. auch formlos – darüber informiere, dass und in welchem
Umfang er die Vollstreckung einer Anordnung beabsichtigt. Auch das sei vor Antragstellung nicht geschehen.
Die Antragsgegnerinnen sind der Ansicht, nicht gegen die Anordnungen vom 19. September 2023 verstoßen zu haben. Sie haben diesbezüglich vorgetragen,
- sowohl die Abbildung des CosMx auf der Startseite der Domain https://nanostring.com/ als auch die Verlinkung auf die Produktseite des CosMx (https://nanostring.com/products/cosmx-spatial-molecular-imager/cosmx-smi-single-cell-imaging-de/) stelle kein Angebot im patentrechtlichen Sinne dar; zudem sei auf der Produktseite ausweislich eines am 6. Oktober 2023 gefertigten Screenshots ein der Anordnung entsprechender Disclaimer vorhanden gewesen (Anlage B-ZG 1i), welcher – überobligatorisch – bereits am 19. September 2023 angebracht worden sei;
- mit Blick auf die Manuals nach Anlage BP ZV 9 und 10 sei der gerichtliche angeordnete Disclaimer prominent auf dem Deckblatt positioniert und dort mit einem farbigen Kasten deutlich hervorgehoben; bei der Anlage BP-ZV 10a handele es sich um eine „Altfassung“, der Tenor der Anordnungen beziehe sich aber nur auf die aktuelle Bedienungsanleitung;
- im CX-Lab in Amsterdam erfolge kein Angebot und auch sonst keine relevante Handlung, die sich auf die angegriffenen Ausführungsformen 1 bis 3 beziehe; das bloße Zeigen/Ausstellen des CosMx im Labor sei nicht untersagt, weil kein Schlechthinverbot existiere;
- die Labortätigkeit im Hinblick auf das patentgemäße Verfahren sei bereits vor Zustellung der Anordnungen eingestellt worden; das Formular mit der Überschrift „Request a Tour or Test Drive“ auf der Unterseite zum Labor in Amsterdam (https://nanostring.com/about-us/cx-labs/cxlab-amsterdam/) stelle kein Angebot für das streitgegenständliche Verfahren dar;
- hinsichtlich der „Spatial Multiomics Summits” und “Experience the Power of Spatial Biology” liege kein Verstoß vor, da der angeordnete Disclaimer der Anlage BP-ZV 7 unmittelbar zu entnehmen sei; die Formulierung „measuring and
visualizing the full RNA reactome in situ“ beziehe sich nicht auf den CosMx, sondern auf den GeoMx Digital Spatial Profiler.
Ergänzend wird auf den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
13
Begründung
Der gemäß Art. 82 Abs. 4 EPG×, Regel 354.4 VerfO zulässige Zwangsgeldantrag hat überwiegend Erfolg. Die Antragsgegnerinnen haben gegen die Anordnungen der Lokalkammer vom 19. September 2023 verstoßen. Daher sind gegen sie gemäß Art. 82 Abs. 4 EPG× Zwangsgelder zu verhängen. Eine mündliche Verhandlung hat die Lokalkammer nicht für notwendig erachtet.
I.
Die Anordnungen vom 19. September 2023 waren nach Regel 354.1 VerfO entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen ohne weitere gerichtliche Vollstreckungsanordnung oder -androhung bereits durch die Zustellung über das CMS am 20. September 2023 unmittelbar vollstreckbar (zur Vollstreckung siehe auch Lokalkammer Düsseldorf, UPC_CFI_177/2023, APP_552740/2023). Auf Ziffer F. der Anordnungen vom 19. September 2023 („Anordnungen sind sofort wirksam und vollstreckbar“) wird insofern verwiesen.
Es bedurfte angesichts dessen keiner vorherigen Mitteilung durch die Antragstellerinnen, „tatsächlich vollstrecken zu wollen“. Angesichts der eindeutigen Regelung in Art. 82 Abs. 4 EPG× zur Verhängung von Zwangsgeldern bei Nichtbeachtung gerichtlicher Anordnungen bedurfte es auch keiner parteiseitigen Zustellung der Anordnungen vom 19. September 2023 vor der Verhängung von Zwangsgeldern. Die Voraussetzungen der Verhängung von Zwangsgeldern sind in Art. 82 Abs. 4 EPG× abschließend geregelt; im Recht der Vertragsmitgliedstaaten bestehende vollstreckungsrechtliche Erfordernisse sind insofern nicht einschlägig (siehe dazu auch Lokalkammer Düsseldorf, UPC_CFI_177/2023, APP_552740/2023); das nationale Vollstreckungsrecht erlangt in einem solchen Fall allenfalls dann Bedeutung, wenn ein Schuldner das ihm schon auferlegte Zwangsgeld nicht zahlt (siehe auch insoweit Lokalkammer Düsseldorf, UPC_CFI_177/2023, APP_552740/2023).
Regel 118.8 der VerfO gilt nach ihrem eindeutigen Wortlaut („Die in Absätzen 1 und 2 (a) genannten Anordnungen…“) nicht für Anordnungen nach Art. 62 EPG×.
II.
Die Antragsgegnerinnen haben nach Zustellung der Anordnungen am 20. September 2023 mehrfach gegen diese Anordnungen verstoßen.
1. Verstoß gegen Ziffer A.I. der Anordnungen vom 19. September 2023
Die Antragsgegnerinnen haben, indem sie auch noch am 26. September 2023 über die Internetseite https://nanostring.com die Durchführung patentverletzender Verfahren im CX-Lab in Amsterdam angeboten haben, gegen Ziffer A.I. der Anordnung vom 19. September verstoßen („…ein Verfahren … anzuwenden oder zur Anwendung … anzubieten“).
Die Antragsgegnerinnen haben auf der Webseite https://nanostring.com/about-us/cx-labs/cxlab-amsterdam/ auch noch am 26. September 2023 angeboten, das patentverletzende Verfahren in ihrem CX-Lab in Amsterdam durchzuführen. Dies zeigt der Screenshot der Webseite vom 26. September 2023 (Anlage BP ZV 2).
Dort wird im Rahmen der aktuellen Vorstellung des CX-Labs im Abschnitt „Platforms Designed to Accelerate Sample to Discovery“ der CosMx als eines der Produkte der Antragsgegnerinnen benannt, die im Labor vorhanden sind. Daneben wird der CosMx in einem auf der benannten Internetseite abrufbaren Präsentationsvideo als Laborausstattung hervorgehoben (Screenshot vom 26. September 2023 als Anlage BP ZV 3).
Die Antragsgegnerinnen bieten an, dass Gäste des Labors das Verfahren unter Assistenz von Mitarbeitern der Antragsgegnerinnen durchführen können. Hierzu findet sich auf der vorbezeichneten Internetseite ein Anfrageformular, in dem unter anderem ein „Test Drive“ mittels der „CosMx“-Technologie ausgewählt werden kann. Aus dem Formular ergibt sich auch, dass das Gerät im Labor der Antragsgegnerinnen vor allem zur Detektion von RNA (und nicht etwa nur für die Protein-analyse) genutzt wird, bei der die Verletzungsgegenstände 2 (Nachweisreagenz) und 3 (Decodersonde) verwendet werden. Auf der Internetseite https://nano-string.com/about-us/legal/terms-of-sale/ (Anlage BP ZV 4) sind unter dem Titel „CosMxTM Spatial Molecular Imager Technology Access Program Services“ die Bedingungen abrufbar, unter denen die Antragsgegnerinnen den CosMx mit Proben von Kunden verwenden. Hieraus ergibt sich, dass die Antragsgegnerinnen für die RNA-Detektion die angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 verwenden.
In der Länderauswahl dieses Formulars lassen sich die EPG-Mitgliedstaaten, etwa Deutschland, auswählen.
Damit wird entgegen Ziffer A.I. der Anordnung die Anwendung des patentgemäßen Verfahrens im Hoheitsgebiet des EPG angeboten. Der von den Antragsgegnerinnen vorgelegte Screenshot vom 6. Oktober 2023, welcher einen Disclaimer zeigt, ist im Hinblick auf ein ausweislich der Anlage BP ZV 2 erfolgtes Angebot ohne Disclaimer vom 26. September 2023 unbeachtlich. Unbeachtlich ist auch, dass die Labortätigkeit im Hinblick auf das patentgemäße Verfahren angeblich bereits vor Zustellung der Anordnungen eingestellt wurde, denn beworben wurde die Durchführung des patentverletzenden Verfahrens auch noch am 26. September 2023. Auch die Eingrenzung auf die Proteinanwendung datiert offensichtlich nicht vom 26. September 2023.
2. Verstöße gegen Ziffern A.II., III. und IV. der Anordnungen vom 19. September 2023
Die Antragsgegnerinnen haben ferner durch die mit dem Zwangsgeldantrag beschriebenen Angebotshandlungen gegen Ziffern A.II., III. und IV. der Anordnungen vom 19. September 2023 verstoßen.
Der Begriff des Anbietens umfasst gemäß Art. 25 (a) EPG× jede im Geltungsbereich des in Rede stehenden Patents begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt.
a. Internetauftritt (https://nanostring.com)
Auf der Startseite des Internetauftritts unter der URL https://nanostring.com wurde auch noch am 26. September 2023 der CosMx (angegriffene Ausführungsform 1) angeboten (Anlage BP ZV 5).
CosMx
Spatial Molecular Imager
Imging thai delaers
Ob bereits diese nach der Entscheidung vom 19. September 2023 offenbar unverändert gebliebene Produktdarstellung auf der Startseite einen Verstoß gegen die Anordnungen vom 19. September 2023 darstellt, kann dahinstehen; folgt man nämlich dem Button „Learn more“, gelangte man ausweislich der Anlage BP ZV 11 noch am 21. September 2023 auf die Produktseite mit folgender Abbildung:
| nanostring | PRODUCTS | RESEARCH FOCUS | SUPPORT & RESOURCES | COMPANY |
|---|---|---|---|---|
| Imaging SMI for Single- | CosMx’ | True Single-Cell In Situ Solutior | Shipping Now | Hc Producs |
| Shole-Cel Imja m |
Zumindest die nach Anklicken des Buttons „Learn more“ angezeigte Darstellung stellt aus Sicht der Lokalkammer eindeutig ein Angebot zur Lieferung des CosMx dar („Shipping now“).
Soweit die Antragsgegnerinnen unter Vorlage der Anlage B-ZG 1i vortragen lassen, am 6. Oktober 2023, also dem Tag der Erwiderung auf den Zwangsgeldantrag, habe sich ein der Anordnung entsprechender Disclaimer unterhalb der vorstehenden Abbildung befunden, ändert dies nichts daran, dass sich zumindest am 21. September 2023 (Anlage BP ZV 11) dort ein solcher Disclaimer noch nicht befand, wie der nachfolgende Bildausschnitt aus dieser Anlage zeigt:
17
nanoString
produCTS
CosMx” SMI for Single-Cell
Imaging Single-Cell In Situ Solution Shipping Now
Elevate your single-cell research with CosMx” SMI
Spatial Multiomics Single-Cell Imaging Platform
Soweit die Antragsgegnerinnen unter Vorlage der Anlage B-ZG 1i (Einblendung nachfolgend) behaupten, dass sich ein solcher Disclaimer bereits am 19. September 2023 dort befunden habe,
nanostring
Imaging SMI for Single-Cell
CosMx’
Irue Snolc Ceiin Stu Solutlon
44 FF Dua d
Elevate your single-cell research with CosMx SMI
Spatial Multiomics Single- Cell Imaging Platform
LtDU
D
18 cohpIy
Anlage BP ZVT1 Schritsatz vom 11.10.2023
GencMIc ;
NanoSlring Technologles; Inc. u.a_
Verfahrensnummer. 577241/2023 UPC_CFI_212023
Antragsnummer: 459746/2023 BARDEHLE PAGENBERGTmsnkti
Dsmlle ”
cclatla:ing_
Anlage BZG
muss die Lokalkammer nach Abgleich der Anlagen BP ZV 11 und B-ZG 1 davon ausgehen, dass die Antragsgegnerinnen insoweit falsch vortragen. Es ist der Lokalkammer unerklärlich, wie dieser Disclaimer am 19. September 2023 eingefügt worden sein soll, aber auf dem von der Antragstellerseite vorgelegten Screenshot vom 21. September 2023 fehlt. Die Antragsgegnerinnen haben für ihre Behauptung, den Disclaimer bereits am 19. September 2023 eingefügt zu haben, auch keinen Beweis angeboten.
Folglich haben die Antragsgegnerinnen durch das Angebot des CosMx auf der Produktseite gegen Ziffer A.II. der Anordnungen vom 19. September 2023 verstoßen. Ein erst am 6. Oktober 2023 angebrachter Disclaimer ist mit Blick auf einen bereits im September 2023 erfolgten Verstoß unbeachtlich. Die Antragsteller haben diese Information der Lokalkammer auch nicht vorenthalten, denn der Disclaimer wurde offensichtlich erst nach dem 21. September 2023 angebracht.
b. „Spatial Multiomics Summits“ vom 10. bis 13. Oktober 2023 in Paris und Frankfurt
Die Präsentation des CosMx in Veranstaltungen in UPC-Mitgliedstaaten („Spatial Multiomics Summits“ vom 10. bis 13. Oktober 2023 in Paris und Frankfurt; Anlage BP ZV 7) wurde noch am 26. September 2023 uneingeschränkt, also auch zum Zwecke des RNA-Nachweises, auf der Internetseite https://nanostring.com angekündigt.
Soweit die Antragsgegnerinnen hiergegen vorbringen, der in diesem Zusammenhang verwandte Terminus „measuring and visualizing the full RNA reactome in situ“ beziehe sich speziell auf das GeoMx-System (also nicht auf den im Streit stehenden CosMx), lässt sich diese Einschränkung der alle nachfolgend aufgeführten Geräte betreffenden und deren Aufzählung vorangestellten Erläuterung nicht entnehmen; die zum 6. Oktober 2023 erfolgte Einschränkung betreffend den CosMx („CosMx … for protein analysis“) auf der betroffenen Internetseite spricht insofern für sich.
Soweit die Antragsgegnerinnen darauf hinweisen, im Hinblick auf die Vorstellung des Geräts in Paris und Frankfurt sei ausweislich der Anlage BP ZV 7 ein anordnungsgemäßer Hinweis enthalten, war dieser Hinweis insofern für den angesprochenen Verkehr verwirrend, als das Gerät laut Veranstaltungsankündigung vom
- September 2023 in Paris und Frankfurt zur uneingeschränkten Verwendung („… measuring and visualizing the full RNA reactome…“) präsentiert werden sollte. Aus Sicht eines potentiellen Abnehmers ist eine Ankündigung, ein Gerät auch zu einem Zweck vorgestellt zu bekommen, der aufgrund einer gerichtlichen Verfügung nicht im Angebotsumfang enthalten sein darf, verwirrend.
c. “Instrument User Manual“ und „Manual Slide Preparation“
Die Antragsgegnerinnen haben gegen Ziffern A.II., und IV. der Anordnung vom 19. September verstoßen, indem sie die angegriffenen Ausführungsformen 1 (CosMx) und 3 (Decodersonden) auch noch am 27. September 2023 angeboten haben, ohne diese mit den in den Ziffern A.II. und A.IV. der Anordnungen vorgeschriebenen Hinweisen zu versehen.
Auf den am 27. September 2023 von der Seite https://university.nanostring.com/page/document-library heruntergeladenen Version der Bedienungsanleitung „Manual Slide Preparation“ (Anlage BP ZV 10a), welche die angegriffenen Ausführungsformen 1 und 3 betrifft, findet sich gar kein Hinweis entsprechend der Anordnungen vom 19. September 2023. Soweit die Antragsgegnerinnen vortragen, es handele sich bei der Anlage BP ZV 10a um eine „Altfassung“, ist dies unbeachtlich; maßgeblich für die Feststellung eines Verstoßes gegen die Anordnungen vom 19. September 2023 ist allein, ob eine solche Fassung nach dem 19. September 2023 im Internet abrufbar war. Den Anordnungen ist auch keine Einschränkung dahin zu entnehmen, dass sich diese nur auf eine aktuelle Bedienungsanleitung beziehen.
Auf den am 27. September 2023 von der Seite https://university.nanostring.com/page/document-library heruntergeladenen Bedienungsanleitungen zum CosMxTM SMI „Instrument User Manual“ und „Manual Slide Preparation“ (Anlagen BP ZV 9 und 10) findet sich zwar jeweils am unteren Ende der ersten Seite der nachfolgend eingeblendete Hinweis.
Dieser entspricht jedoch aufgrund der Schriftgröße und im Verhältnis zur Gesamt- abbildung nicht der in der Entscheidung niedergelegten Anforderung der blick- fangmäßigem Herausstellung. Der Hinweis ist ersichtlich kleingedruckt und weist einen nur minimalen Zeilenabstand auf. Als „ausdrücklich und blickfangmäßig herausgestellt“ kann diese Gestaltung des Hinweises nicht bewertet werden; sie erweckt in ihrer Gestaltung vielmehr den Eindruck, unwichtig zu sein und unge- lesen bleiben zu können. Es handelt sich um keinen Disclaimer, der „prominent auf dem Deckblatt positioniert und dort mit einem farbigen Kasten deutlich her- vorgehoben“ ist. Dem Leser wird entgegen der klaren Intention der Anordnungen vom 19. September 2023 durch die Gestaltung nicht klar vor Augen geführt, dass es sich hier um eine bedeutsame Mitteilung handelt, die unbedingt gelesen wer- den sollte. Soweit der Hinweis in einer späteren Version rot eingefärbt wurde, ändert dies nichts an der am 27. September 2023 bestehenden und abrufbaren Gestaltung.
CosMx Sioaeicular Imager
USER MANUAL
Instrument User Manual
The CosMx” SMI and decoder Dronesthese countries for the detection are not affered andfor delivered the following UPC member states” for RNA methoo for the detection of a plurality Codniited withoul(ne consentanalytes.
tisSue samp without the consent ol the President &nd Fellows Hanang (Harvard Corporation)
the President and Fellows Owner Unitan Plent Hanaro108 Colleze (Harvard Corporationne use tor the detection AustnsRNA Belgium Bulgaria, nenmark Estoniaproni.
The COsMx SMI Finiano Framce Germany: Italy; Latvia, Lithuania the Federal Republlc Ketnenanos Portugal; Slovenia not offered andlor delivered messenger RNA; microRNA; TbOsoma RNA and any combinations Luxembourg aita the Federa Republlc Sieden of Germany for the detection of cellular RNA situ hybridization College (hanara cornarationi without the consent of the President.
thereoimeiho d uced (luorescence Falot Hanaco detecting plurality analytes Ownem sample of the German part combinations thereot RNA ano 794 928 81, the Federa Repub IC the detection Germany Ilular RNA, messenrer RNA, microRNA, ribosomaprohibited without the consent 0f the Presidenianc Fellotrs Honaio College (Harvard Corporationk:
d. Angebot der angegriffenen Ausführungsformen mit der Bewerbung der Tour zur Produktpräsentation
Auch das Angebot einer Tour zur Produktpräsentation auf der Internetseite https://nanostring.com (Anlage BP ZV 2 vom 26. September 2023) stellt einen Verstoß gegen die Anordnungen vom 19. September 2023 dar.
Es handelt sich hierbei nicht lediglich um ein Ausstellen des CosMx im Labor; der CosMx wird ausweislich der Anlage BP ZV 2 ohne die nach Ziffer A.II. der Anordnungen erforderlichen Hinweise zur testweisen Verwendung im CX-Lab angeboten und zwar ausdrücklich auch im Hinblick auf die RNA-Analyse. Dabei kommen unstreitig auch die angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 zum Einsatz. Dies stellt einen Verstoß gegen Ziffer A.III. („… Nachweisreagenzien … zur Benutzung des Verfahrens … anzubieten…“) und Ziffer A.IV. („…Decodersonden … zur Benutzung des Verfahrens … anzubieten …, ohne…“) dar; im Falle der Verwendung der Decodersonden wird der Hinweispflicht nicht genügt.
III.
Sofern die Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) vorbringen, für die Internetseite (www.nanostring.com) nicht verantwortlich zu sein, ist auf die Ausführungen in der Entscheidung vom 19. September 2023 (dort Ziffer A.I.) betreffend die Zurechnung der Angebotshandlungen zu verweisen.
IV.
Da die Antragsgegnerinnen durch die Gestaltung ihrer Internetauftritts im Zeitraum bis zum 6. Oktober 2023 gegen die Unterlassungsanordnung der Lokal-kammer verstoßen haben, ist die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 100.000,00 € erforderlich aber auch angemessen, um die Unterlassungsanordnung effektiv durchzusetzen und deren zukünftige Einhaltung durch die Antragsgegnerinnen zu erzwingen.
Gemäß Art. 82 Abs. 4 Satz 2 EPG× muss das Zwangsgeld in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der zu vollstreckenden Anordnung stehen. Damit korrespondierend ist der Betrag des für den Fall eines Verstoßes an das Gericht zu zahlenden Zwangsgeldes nach R. 354.4 VerfO im Hinblick auf die Bedeutung der in Rede stehenden Anordnung festzusetzen. Entscheidendes Kriterium für die Bestimmung der Höhe des Zwangsgeldes ist somit die Bedeutung der Anordnung und damit letztlich das Interesse des Gläubigers an deren
Durchsetzung
Das Zwangsgeld soll den Schuldner verlässlich von zukünftigen Verstößen und Verletzungen abhalten und besitzt daher in erster Linie eine Beugefunktion. Wie sowohl die englische („penalty payment“; „be sanctioned“) als auch die französische („sanctionée“) Fassung von Art. 82 Abs. 4 EPG verdeutlichen, handelt es sich bei dem Zwangsgeld daneben allerdings auch um eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots, weshalb die Verhängung von Zwangsgeldern als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch ein Verschulden des Schuldners voraussetzt.
Dieser doppelte Zweck des Zwangsgeldes erfordert es, die Bemessung des Zwangsgeldes jedenfalls in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verletzungshandlungen für den Verletzten. Je häufiger und intensiver der Schuldner gegen das ihm auferlegte Unterlassungsgebot verstoßen hat, desto klarer hat er seinen Unwillen zum Ausdruck gebracht, sich der Unterlassungsanordnung zu beugen. Dem hat die Bemessung des Zwangsgeldes Rechnung zu tragen: Hat der Schuldner in der Vergangenheit bereits mehrfach gegen die Unterlassungsanordnung verstoßen, erhöht sich der notwendige Druck, um ihn zukünftig zu einem anordnungsgemäßen Verhalten zu zwingen. Hat der Schuldner demgegenüber bereits in der Vergangenheit seinen Willen zur Befolgung der Unterlassungsanordnung gezeigt, kann dies den notwendigen Druck und damit das Zwangsgeld reduzieren, um den Schuldner zukünftig zu einem anordnungsgemäßen Verhalten anzuhalten. Bei der Beurteilung der Intensität des Verstoßes ist somit das gesamte Verhalten des Schuldners in den Blick zu nehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad sowie die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher zukünftigen Verletzungshandlungen für den Gläubiger (siehe schon LK Düsseldorf UPC_CFI_177/2023/ACT_525740/2023/App_552740/2023).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen hält die Lokalkammer die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 100.000,00 EUR für gerechtfertigt, aber auch geboten, um die Antragsgegnerinnen zukünftig zu einer Befolgung des ihr auferlegten Unterlassungsgebotes zu zwingen. Zur Zahlung des verhängten Zwangsgeldes ist jede der Antragsgegnerinnen einzeln verpflichtet; die Zahlung gilt für alle Antragsgegnerinnen als abgegolten, sobald der Gesamtbetrag beim Einheitlichen Patentgericht eingegangen ist.
Sämtliche Verstöße, die Gegenstand des Zwangsgeldantrags vom 28. September 2023 sind, basieren auf der Gestaltung des Internetauftritts der Unternehmensgruppe der Antragsgegnerinnen. Diesen haben die Antragsgegnerinnen offenbar nicht zeitnah nach Zustellung der Anordnungen vollständig angepasst. Da die geltend gemachten Einzelverstöße allesamt dem Umstand der nicht zeitnah angepassten Umstellung des Internetauftritts geschuldet sind, handelt es sich um eine einheitliche Ursache, so dass ein einheitliches Zwangsgeld zu verhängen war. Bei der Höhe des Zwangsgeldes war zu berücksichtigen, dass der Zeitraum zwischen der Zustellung der Anordnungen vom 19. September 2023 und dem Zwangsgeldantrag kurz ist. Zu berücksichtigen war auch, dass die Antragsgegnerinnen den Zwangsgeldantrag zum Anlass genommen haben, weitere Anpassungen des Internetauftritts vorzunehmen. Auf der anderen Seite war die Vielzahl der festgestellten Verstöße, welche zumindest grob fahrlässig erfolgten, zu Lasten der Antragsgegnerinnen zu werten. Zu berücksichtigen war auch, dass mit jedem einzelnen der von den Antragstellerinnen angebotenen Geräte (CosMx) erhebliche Umsätze verbunden sind, wobei dies auch den nachgelagerten Markt für Reagenzien und Decodersonden betrifft; daraus ergibt sich eine hohe Gefährlichkeit der begangenen und möglichen künftigen Verstöße für die Antragstellerseite.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von Regel 118.5 Satz 1 VerfO. Bei der Verteilung der Kosten hat die Lokalkammer berücksichtigt, dass sämtliche von den Antragstellerinnen geltend gemachten Verstöße auch als Verstöße zu werten waren, so dass die Antragstellerinnen mit ihrem Antrag insofern vollständig obsiegen.
Die Tatsache, dass die Antragstellerinnen formal die Festsetzung von deutlich höheren Zwangsgeldern beantragt haben, führt aus Sicht der Kammer unter Berücksichtigung der grundlegenden Erwägungen zur Kostenverteilung in Art. 69 Abs. 1 und 2 EPG× allerdings nicht dazu, dass die Antragstellerinnen einen Teil der Kosten des Zwangsgeldverfahrens tragen müssen, da die Bestimmung der Höhe im Ermessen des Gerichts liegt (Regel 354.4 VerfO) und Betragsangaben durch den Antragsteller insofern allenfalls den Charakter eines Vorschlages haben können.
VI.
Da es sich bei der vorliegenden Anordnung um eine der ersten zur Festsetzung von Zwangsgeldern wegen Verstoßes gegen eine Anordnung des Gerichts handelt, hält es die Lokalkammer für geboten, die Berufung für beide Parteien zuzulassen und diesen damit die Möglichkeit einzuräumen, die Anordnung durch das Berufungsgericht überprüfen zu lassen (Art. 73 (2) (b) (ii) EPG×, Regel 220.2, 354.4 VerfO).
VII.
Dafür, die Anordnung von einer Sicherheitsleistung im Sinne von Regel 352.1 VerfO abhängig zu machen, bestand kein Anlass.
Anordnung
- Gegen die Antragsgegnerinnen wird wegen eines Verstoßes gegen die im Verfahren UPC_CFI_2/2023 am 19. September 2023 ergangenen Anordnungen ein an das Einheitliche Patentgericht zu zahlendes Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 100.000,00 € verhängt.
- Im Übrigen wird der Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld abgewiesen.
- Die Kosten des Zwangsgeldverfahrens werden den Antragsgegnerinnen auferlegt.
- Diese Anordnung ist sofort vollstreckbar.
- Die Berufung wird zugelassen.
VI.
Der Streitwert des Zwangsgeldverfahrens wird auf 250.000,00 € festgesetzt.
Dr. Zigann
Vorsitzender Richter
Digital unterschrieben von Matthias ZIGANN
Datum: 2023.12.05 15:09:12 +01’00’
Pichlmaier
Berichterstatter
Digital unterschrieben von Tobias Günther
Datum: 2023.12.05 15:06:24 +01’00’
Kupecz
Rechtlich qualifizierter Richter
Digital unterschrieben von András Ferenc
Datum: 2023.12.05 15:11:35 +01’00’
Enderlin
Technisch qualifizierter Richter
Signature numérique de Eric, André
Date : 2023.12.05 15:40:43 +01’00’
INFORMATIONEN ÜBER DIE BERUFUNG
Beide Parteien können gegen diese Anordnung innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Zustellung Berufung einlegen (Art. 73 (2) (b) (ii) EPG×, Regel 220.2, 354.4 VerfO).
INFORMATIONEN ZUR ZAHLUNG:
Das Zwangsgeld ist an das Gericht auf folgendes Konto zu zahlen:
LU55 0019 7355 1895 9000.