Unified Patent Court
Lokalkammer Mannheim
Einheitliches Patentgericht
Juridiction unifiee du brevet
UPC_CFI_ 216/2023
Anordnung
des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts
Lokalkammer Mannheim
erlassen am 16. Mai 2024
betreffend EP 3096315
betreffend App_4931/2024
KlÀgerin:
Panasonic Holdings Corporation - 1006, Oaza Kadoma, Kadoma-shi - 571-8501 - Osaka - JP
vertreten durch Christopher Weber
Beklagte:
- OROPE Germany GmbH - Graf-Adolf-Platz 15 - 40213 - DĂŒsseldorf - DE
vertreten durch Andreas Kramer 2. Guangdong OPPO Mobile Telecommunications Corp. Ltd. - NO.18 Haibin Road, Wusha, Changâan Town, Guangdong Province - 523860 - Dongguan â CN
vertreten durch Andreas Kramer
STREITPATENT:
EUROPĂISCHES PATENT NR. EP 3096315
SPRUCHKĂRPER/KAMMER:
Lokalkammer Mannheim
MITWIRKENDE RICHTER:
Diese Anordnung wurde durch den Vorsitzenden und Berichterstatter Dr. Tochtermann erlassen.
VERFAHRENSSPRACHE:
Deutsch
GEGENSTAND: Antrag OPPO nach Regel 190 VerfO
SACHVERHALT:
I. Die AntrÀge der Beklagten auf Vorlage von Dokumenten sind nunmehr nach Eingang der ungeschwÀrzten Stellungnahmen der KlÀgerin zum FRAND-Aspekt in der Replik im gegenwÀrtigen Verfahrensstadium zur Entscheidung reif. Es bleibt vorbehalten, etwaige Anordnungen im Verlauf des weiteren Verfahrens nach dem dann erreichten Sach- und Streitstand zu treffen.
- Die Beklagten haben parallel zur Einreichung der Klageerwiderung sowie ihrer Widerklage auf NichtigerklÀrung einen Antrag auf den Erlass von Vorlageanordnungen nach Regel 190 VerfO gestellt.
Zusammengefasst haben die Beklagten beantragt:
- Die Vorlage der in den Verhandlungen von der KlĂ€gerseite als BezugsgröĂe in Anspruch genommenen LizenzvertrĂ€gen âXâ und âYâ. Weder die IdentitĂ€t der Vertragspartner, noch die VertrĂ€ge an sich waren den Beklagten im Zeitpunkt der Antragstellung zugĂ€nglich gemacht.
- Die Vorlage aller sonst von der KlÀgerseite abgeschlossenen Lizenzvereinbarungen betreffend 3G- und/oder 4G-SEP, die sich auf MobilgerÀte erstrecken.
- Die Vorlage aller durch Dritte abgeschlossenen Lizenzvereinbarungen betreffend 3G- und 4G-SEP, die sich auf MobilgerĂ€te erstrecken, soweit die KlĂ€gerseite deren Inhaber war oder derzeit ist und die sich in der VerfĂŒgungsgewalt der KlĂ€gerseite befinden.
- Die Vorlage von Lizenzvereinbarungen der KlÀgerseite mit Lieferanten der Beklagten, die 3G- und/oder 4G-SEP zum Gegenstand haben.
- Die Vorlage einer Ăbersicht ĂŒber VerĂ€uĂerungsgeschĂ€fte betreffend 3G- und/oder 4G-SEPs der KlĂ€gerseite einschlieĂlich der zugrundeliegenden Vereinbarungen, soweit sie der KlĂ€gerseite einen geldwerten Vorteil verschaffen oder verschafft haben.
- Die Vorlage kĂŒnftiger Lizenzvereinbarungen betreffend 3G- und/oder 4G-SEP.
- Zudem beantragen die Beklagten, es ihrer Seite zu gestatten, eigene LizenzvertrÀge, die Oppo mit Dritten abgeschlossen hat und die sich auf 3G- und /oder 4G-SEPs erstrecken vorzulegen.
- SchlieĂlich begehren die Beklagten hinsichtlich der vorstehenden UmstĂ€nde die Anordnung eines nĂ€her umschriebenen Geheimnisschutzregimes.
-
Der Berichterstatter hat durch Anordnung vom 24. Januar 2024 der KlÀgerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu den AntrÀgen gegeben und hierzu Hinweise zu den VorlageantrÀgen der Beklagten erteilt.
-
Die Parteien haben hierzu â nach FristverlĂ€ngerung bis zu diesem Tag durch Anordnung vom 24. Januar 2024 â mit SchriftsĂ€tzen vom 13. Februar 2024 Stellung genommen. Die Beklagten haben insbesondere beantragt, eine verfahrensleitende
Anhörung anzuberaumen, um die VorlageantrÀge und das Geheimnisschutzregime zu diskutieren.
4.
Der Berichterstatter ist diesem Antrag bereits im Vorfeld nachgekommen und hat durch Anordnung vom 7. Februar 2024 (ORD 6894/2023) in Absprache mit den Parteien eine Videokonferenz fĂŒr den 8. Februar 2024 anberaumt. In der Videokonferenz wurden insbesondere die Fragen des Geheimnisschutzes und der technischen Umsetzung desselben im CMS sowie der wirtschaftlichen und prozessualen HintergrĂŒnde der VorlageantrĂ€ge besprochen.
5.
Um den in der Videokonferenz artikulierten Geheimnisschutzbelangen beider Seiten Rechnung zu tragen, hat der Berichterstatter durch VerfĂŒgung vom 14. Februar 2024 ein Geheimnisschutzregime erlassen, um den Parteien die eigeninitiative Vorlage von Dokumenten zu ermöglichen, nachdem als Rechtfertigung fĂŒr die VorlageantrĂ€ge insbesondere die betroffenen Geheimnisschutzinteressen der Parteien aber auch diejenigen der jeweiligen Lizenzvertragspartner herausgestellt worden waren.
6.
In der Stellungnahme vom 13. Februar 2024 haben die Beklagten ein Geheimnisschutzregime wie in einem parallelen UK-Verfahren angeregt, wobei die Offenlegung der dort eingefĂŒhrten Dokumente in anderen Verfahren untersagt sei. Ausweislich des Vortrags der Beklagten und der vorgelegten Dokumente sind in diesem Verfahren von beiden Seiten getragene Verfahrensabsprachen getroffen worden (Anlage VB12), die sodann in eine Anordnung des Gerichts ĂŒberfĂŒhrt wurden. Eine solche Absprache liegt im vorliegend vor dem EPG gefĂŒhrten Verfahren nicht vor. Die KlĂ€gerin hat sich mit Schriftsatz vom 8. MĂ€rz 2024 ausdrĂŒcklich gegen eine solche, zu den UK-Verfahren parallele Abrede verwehrt.
Eine Vorlageanordnung â wie in der Anordnung des Berichterstatters vom 14. Februar 2024 zum Ausdruck gebracht â erst nach Eingang der Replik zu treffen wurde als zu spĂ€t bemĂ€ngelt, weil AusfĂŒhrungen zur ErfĂŒllung der FRAND-Verpflichtungen durch die KlĂ€gerin in der Replik âzweifellos zu erwartenâ seien (SS v. 13. Februar 2024 Rn. 24). Auf Antrag der Beklagten gem. R. 333 VerfO, unmittelbar ĂŒber die Vorlage zu entscheiden, hat der Spruchkörper den Berichterstatter bestĂ€tigt und im ablehnenden Sinn entschieden (Anordnung vom 12. MĂ€rz 2024).
Soweit die Vorlageanordnung âgegen sich selbstâ betroffen sei, sei eine geeignete Vertraulichkeitsregelung erforderlich und es brauche einen Gerichtsbeschluss fĂŒr die Vorlage. Insoweit haben sich die AntrĂ€ge der Beklagten zwischenzeitlich prozessual ĂŒberholt, nachdem sie zwischenzeitlich die eigenen LizenzvertrĂ€ge auch ohne gerichtliche Anordnung auf der Grundlage des durch Anordnung vom 14. Februar 2024 etablierten Geheimnisschutzregimes im Verfahren vorgelegt haben.
7.
Zwischenzeitlich hat die KlĂ€gerin nach dem Erlass von Vorlageanordnungen, die der KlĂ€gerin die Vorlage von eigenen VergleichslizenzvertrĂ€gen auf ihren Antrag hin aufgegeben hat, zwei VergleichslizenzvertrĂ€ge vorgelegt, die mit den bisher unbenannten Unternehmen âXâ und âYâ geschlossen worden waren und ihren schriftsĂ€tzlichen Vortrag in der Replik, der zunĂ€chst in den betreffenden Passagen vollgeschwĂ€rzt â mithin selbst fĂŒr das Gericht nicht sichtbar â eingereicht worden.
ENTSCHEIDUNGSGRĂNDE:
- Soweit die Beklagten die Benennung und Vorlage der LizenzvertrĂ€ge mit den zuvor durch die KlĂ€gerin unbenannten Unternehmen âXâ und âYâ beantragt haben, ist eine Anordnung nicht mehr erforderlich, nachdem die KlĂ€gerin diese VertrĂ€ge unter Benennung der Vertragsparteien zwischenzeitlich in das Verfahren eingefĂŒhrt hat.
- Soweit die Beklagten die Vorlage aller sonst von der KlĂ€gerseite geschlossenen und kĂŒnftig zu schlieĂenden Vereinbarungen betreffend 3G- und/oder 4G-SEPs, die sich auf Mobilstation erstrecken, begehren sowie die durch Dritte geschlossenen Vereinbarungen in deren Besitz, ist der Antrag zu unkonkret und als bloĂer Ausforschungsantrag zu weitgehend (vgl. hierzu auch Schallmoser/Grabinski Mitt. 2017, 245, 246 und Böttcher in Bopp/Kircher 2.Aufl. § 23 Rn. 42).
Vor dem Hintergrund der aus dem EU-Kartellrecht flieĂenden Pflichten des Inhabers eines standard-essentiellen Patentes ist jener nach der Rechtsprechung des EuGH gehalten, ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten und insbesondere die LizenzgebĂŒhr sowie die Art und Weise ihrer Berechnung anzugeben (EuGH Huawei v. ZTE, ECLI:EU:C:2015:817 Rn. 63). Diese Pflicht besteht, wenn der Verletzer zuvor seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schlieĂen (EuGH aaO).
Hieraus folgt fĂŒr den Umfang einer möglichen Vorlageanordnung zweierlei: Zum einen könnte die Anordnung dann unangebracht sein, wenn der angebliche Verletzer als von vornherein lizenzunwillig zu beurteilen wĂ€re. Ist dies der Fall, wĂ€re nicht nachvollziehbar, warum ihm auf einen Vorlageantrag hin Einblick in die Lizenzierungspraxis des SEP-Inhabers zu gewĂ€hren sein sollte. Der Antrag wĂŒrde sich bei einem unterstellt klar lizenzunwilligen Verletzer darin erschöpfen, die Lizenzierungspraxis des Inhabers auszuforschen. Umgekehrt sind regelmĂ€Ăig â wie das vorliegende Verfahren intensiv verdeutlicht â bei der Vorlage von LizenzvertrĂ€gen geheimhaltungsbedĂŒrftige Informationen des Prozessgegners und seiner Vertragspartner betroffen, die dem Gegner â und sei es unter einem Geheimnisschutzregime â zur Kenntnis gelangen.
Zum anderen ist ĂŒber den Umfang einer Vorlageanordnung vor dem Hintergrund der durch den EuGH etablierten Pflicht des SEP-Inhabers zur Transparenz bei den Verhandlungen zu entscheiden. Denn fĂŒr die vom EuGH geforderte Darlegung der Art und Weise der Berechnung der LizenzgebĂŒhr genĂŒgt nicht die bloĂe Angabe der zugrundgelegten mathematischen Faktoren der Berechnung aus. Vielmehr ist die ratio, auf die der EuGH abhebt, transparent zu machen, warum der SEP-Inhaber meint, der Auffassung sein zu dĂŒrfen, dass das Angebot, welches er dem angeblichen Verletzer unterbreitet, FRAND-Bedingungen entspricht. Die entsprechend erforderliche BegrĂŒndung kann etwa durch Verweis auf eine bereits im Markt etablierte Lizenzierungspraxis in Form eines gelebten Standardlizenzprogramms geschehen. Wenn kein solches Programm besteht, können konkrete einzelne LizenzvertrĂ€ge als VergleichsmaĂstab herangezogen werden, wenn dazu ausgefĂŒhrt wird, warum der SEP-Inhaber der Ansicht ist, diese als geeigneten Referenzpunkt im Vergleich mit dem angeblichen Verletzer heranziehen zu können. So liegt der Fall vorliegend. In den vorgerichtlichen
Verhandlungen hat die KlĂ€gerin jeweils im Kern auf zwei VergleichslizenzvertrĂ€ge abgehoben, die sie zwischenzeitlich im Verfahren vorgelegt hat. Ebenso haben die Beklagten zwei VertrĂ€ge als ihren Referenzpunkt herangezogen, die sie gleichfalls zwischenzeitlich im Verfahren vorgelegt haben. Bislang ist im Verfahren indes von den Beklagten nicht mit hinreichender Substanz vorgetragen, dass zumindest hinreichend konkret zu vermuten stehe, dass die KlĂ€gerin in Wahrheit noch weitere, als Vergleichsbasis geeignete VertrĂ€ge mit Dritten abgeschlossen hĂ€tte. Auch die KlĂ€gerin hat bislang nicht auf weitere aus ihrer Sicht geeignete VertrĂ€ge verwiesen, die als VergleichsgröĂe dienen könnten, sondern nur Aussagen genereller Art zu dem von ihr abgedeckten Marktanteil in den vorgerichtlichen Verhandlungen getĂ€tigt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es im gegenwĂ€rtig erreichten Verfahrensstadium, in dem ĂŒber die Frage der grundsĂ€tzlichen Lizenzwilligkeit der Beklagten noch keine Entscheidung getroffen ist, nicht vor dem Hintergrund der aus dem EU-Kartellrecht abzuleitenden Transparenzpflicht geboten, die weitere Vorlage sĂ€mtlicher unbenannter LizenzvertrĂ€ge anzuordnen, die das 3G- und/oder 4G-Portfolio der KlĂ€gerin betreffen und deren Patente sich auf MobilfunkgerĂ€te erstrecken. Hiergegen sprechen auch der Grundsatz der VerhĂ€ltnismĂ€Ăigkeit und die gebotene BerĂŒcksichtigung der jeweiligen Interessen der Dritten, die jeweils als Vertragspartner der LizenzvertrĂ€ge gleichfalls bei der Entscheidung ĂŒber die Vorlageanordnung einzustellenden Interessen an der Wahrung von GeschĂ€ftsgeheimnissen haben können.
Vielmehr erscheint es jedenfalls gegenwĂ€rtig als ausreichend, dass die Parteien sich wechselseitig mit den nunmehr im Verfahren vorgelegten LizenzvertrĂ€gen und den hierzu eingeholten und vorgelegten Parteigutachten sowie ihrem jeweiligen umfĂ€nglichen Vortrag hierzu beschĂ€ftigen. Dies erscheint auch insoweit in Deckung mit den vom EuGH gleichfalls in den Kern seines Verhandlungsprogramms gestellten âanerkannten geschĂ€ftlichen Gepflogenheitenâ in dem betreffenden Bereich. Denn in einer ergebnisorientiert gefĂŒhrten Verhandlung ĂŒber eine FRAND-konforme Lizenz werden sich beidseits willige Verhandlungspartner im Gang der Verhandlungen gleichfalls auf eine ĂŒberschaubare Anzahl von VergleichslizenzvertrĂ€gen beschrĂ€nken und diese diskutieren. Andernfalls wĂŒrden die Verhandlungen mit einem nicht mehr zu bewĂ€ltigenden Tatsachenstoff ĂŒberfrachtet, der keinen zeitnahen Fortgang der GeschĂ€ftsverhandlungen ermöglichen wĂŒrde.
Da bisher keine zureichenden Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, dass die KlĂ€gerin ĂŒber weitere â etwa noch geeignetere â VergleichslizenzvertrĂ€ge verfĂŒgt, die die Parteien auf ihrem Weg zum Abschluss einer FRAND-Lizenz sinnvoll nutzen könnten, konnte dem Antrag der Beklagten zumindest im bisher erreichten Verfahrensstadium nicht stattgegeben werden, zumal es vorrangig die eigene Entscheidung der KlĂ€gerin ist, ob und wenn ja welche und wie viele VergleichslizenzvertrĂ€ge sie im Prozess vorlegt, um so einem möglichen FRAND-Einwand der Beklagten zu begegnen und ihr Verhalten als EU-kartellrechtskonform zu kennzeichnen. Prozessuale Konsequenzen könnten erst dann gezogen werden, wenn sich in einem Verfahren etwa herausstellen sollte, dass ein SEP-Inhaber bewusst als Vergleichslizenzen geeignete VertrĂ€ge nicht in die Verhandlungen und ins Verfahren eingebracht hat, um hierdurch unter Ausnutzung seiner Monopolstellung ĂŒberhöhte Lizenzen durchzusetzen.
Soweit die KlĂ€gerin in ihrer Stellungnahme eine Vorlageanordnung mit Blick auf âvergleichbare LizenzvertrĂ€geâ fĂŒr erwĂ€gungsfĂ€hig erachtet, versteht das Gericht diese Stellungnahme dahin, dass sie damit ihre Bereitschaft zum Ausdruck bringen wollte, die zwei LizenzvertrĂ€ge, die sie ohnedies mittlerweile selbst auf von ihr beantragte Vorlageanordnung gegen sich selbst vorgelegt hat, auch auf eine vom Gegner beantragte Vorlageanordnung hin vorzulegen. Dieser Punkt ist indes mittlerweile durch die Vorlage ĂŒberholt. Im Ăbrigen bestehen auch inhaltliche Bedenken gegen eine Anordnung, alle vergleichbaren VertrĂ€ge vorzulegen. Welche VertrĂ€ge als VergleichsvertrĂ€ge in Betracht kommen, entzieht sich naturgemÀà der.
Kenntnis des Gerichts. Eine solche Anordnung erscheint daher auch nicht hinreichend durchsetzbar. Es muss daher dabei bleiben, dass es an der KlĂ€gerin liegt, eine sachgerechte Auswahl aus den ihr vorliegenden VertrĂ€gen zu treffen, um hierdurch in geeigneter Weise ihr Angebot als FRAND-konform zu rechtfertigen. Der abweichenden Entscheidung der Lokalkammer MĂŒnchen in den Parallelverfahren kann aus den dargelegten GrĂŒnden nicht beigetreten werden.
3.
Diese ErwĂ€gungen stehen auch dem weiteren Antrag der Beklagten entgegen, alle durch Dritte abgeschlossenen Lizenzvereinbarungen entsprechenden Inhalts, die 3G- und/oder 4G-SEPs zum Gegenstand haben, deren Inhaber Panasonic war oder derzeit ist, vorlegen zu lassen. Gleiches gilt fĂŒr den Antrag wĂ€hrend des Klageverfahrens neu abgeschlossene LizenzvertrĂ€ge vorzulegen (Antrag (i) (7) der Beklagten).
4.
Soweit die Vorlage der Vereinbarungen der KlĂ€gerin mit eigenen Lieferanten der Beklagten begehrt wird, haben sich die Beklagten vorrangig an ihre Lieferanten zu halten. Ăberdies erscheint der bislang gehaltene Vortrag zu etwaigen gĂŒnstigen Klauseln in diesen VertrĂ€gen zu unsubstantiiert. Soweit aus diesen VertrĂ€gen ein Erschöpfungseinwand abgeleitet werden soll, liegt die Beweislast bei den Beklagten.
5.
Aufzugeben war der KlĂ€gerin auch nicht (Vorlageantrag (i)(5)), eine Ăbersicht ĂŒber alle diejenigen RechtsgeschĂ€fte zu verfassen, in deren Zuge die KlĂ€gerin 3G- oder 4G-SEPs verĂ€uĂert hat. Zwar kann eine zwischenzeitliche VerĂ€nderung des auslizenzierten Portfolios durchaus bei der Einordnung eines als Vergleichsbasis angefĂŒhrten Vertrages von Relevanz sein. Indes ist den Beklagten diese Beurteilung nach der zwischenzeitlich erfolgten Vorlage der zwei von der KlĂ€gerin in den Verhandlungen bislang herangezogenen VertrĂ€ge möglich. Jedenfalls der Vertrag nach Anlage KAP FRAND 22 enthĂ€lt eine ausfĂŒhrliche Liste der auslizenzierten Patente. Der weitere Vertrag nach Anlage KAP FRAND 20 ermöglicht einen Abgleich, indem die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als essentiell deklarierten Patente bestimmungsfĂ€hig erscheinen und mit den im KlĂ€gerangebot enthaltenen SEPs abgeglichen werden. Diese Listen können daher mit den den Beklagten zur Lizenznahme angebotenen Patenten oder Patentfamilien abgeglichen und so ins VerhĂ€ltnis gesetzt werden, um die ggf. vorliegenden VerĂ€nderungen festzustellen und sie bei der Bemessung einer FRAND-gemĂ€Ăen Lizenzrate einzustellen. Das Angebot der KlĂ€gerin kann mithin schon auf dieser Basis auf seine FRAND-KonformitĂ€t hin beurteilt werden. Soweit die Beklagten ausfĂŒhren, dass aufgrund verschiedener öffentlich zugĂ€nglicher Artikel (Anlage VB 04 und 09) im Markt bekannt sei, dass die KlĂ€gerin eine erhebliche Anzahl von Patenttransaktionen vorgenommen habe, so ist aus den Artikeln selbst ersichtlich, dass die Ăbertragung auf sog. SEP Privateers erfolgte, die an der Auslizenzierung der Patente auch im Namen und/oder Zusammenwirken der ehemaligen Patentinhaber beteiligt sind. Mithin kann aus dem bloĂen Umstand der Ăbertragung fĂŒr sich wohl noch kein valider RĂŒckschluss darauf gezogen werden, inwieweit die Ăbertragung die Höhe des Lizenzsatzes beeinflusst hat. Denn je nach den Details der wirtschaftlichen Abreden im Zusammenhang mit der Ăbertragung könnte der KlĂ€gerin auch trotz der formellen Ăbertragung der Inhaberstellung am SEP eine nur unwesentlich verĂ€nderte Lizenzrate zuflieĂen, weil die VerĂ€nderung der formalen Inhaberstellung die Lizenzhöhe jedenfalls nicht zwingend dahin beeinflusst, dass diese wie etwa bei dem Verkauf und der Ăbertragung eines Patents an einen Dritten, mit dem keine solchen wirtschaftlichen Beziehungen bestehen, niedriger.
6.
Zudem war der hiermit im Zusammenhang stehende Antrag, alle Vereinbarungen einschlieĂlich etwaiger Zusatzvereinbarungen und/oder weiterer finanzieller Vereinbarungen, durch die KlĂ€gerin geldwerte Vorteile zuflieĂen bzw. zugeflossen sind, zu weitgehend und gleichfalls abzuweisen. Die sachgerechte Einordnung des Angebots der KlĂ€gerin als FRAND-konform oder FRAND-widrig erscheint auch ohne Kenntnis dieser UmstĂ€nde auf der Grundlage der mittlerweile ins Verfahren eingebrachten VertrĂ€ge möglich, weil hierdurch der status quo des Portfolios der KlĂ€gerin zum Zeitpunkt des Abschlusses der VergleichslizenzvertrĂ€ge mit dem heutigen Portfolio abgeglichen werden und so beurteilt werden kann, ob sich möglicherweise relevante VerĂ€nderungen ergeben haben.
7.
Der gegen sich selbst gerichtet Vorlageantrag (i) (8) der Beklagten ist wiederum ĂŒberholt, nachdem die Beklagten die eigenen VergleichslizenzvertrĂ€ge wie ausgefĂŒhrt zwischenzeitlich ohne Anordnung vorgelegt haben.
TENOR DER ANORDNUNG:
- Die AntrĂ€ge der Beklagten vom 4. Februar 2024 werden zurĂŒckgewiesen.
- Etwaige Vorlageanordnungen zu einem spÀteren Verfahrenszeitpunkt bleiben in AbhÀngigkeit vom weiteren wechselseitigen Vortrag der Parteien vorbehalten.
NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN
Erlassen in Mannheim am 16. Mai 2024
Dr. Tochtermann Vorsitzender und Berichterstatter