EPG - Berufungsgericht
Unified Patent Court
UPC_CoA_36/2024
Einheitliches Patentgericht
APL_4881/2024
Juridiction unifiee du brevet
APP_7573/2023
ANORDNUNG
des Berufungsgerichts des Einheitlichen Patentgerichts erlassen am 22. Februar 2024 betreffend einen Antrag (App_7573/2024) auf Fristverkürzung gemäß R. 225(e), R. 9.3(b) der Verfahrensordnung (Beschleunigung des Berufungsverfahrens)
LEITSATZ:
In dem Verfahren betreffend eine Berufung gegen eine Anordnung, mit der einem Antrag auf Zulassung der Klageerweiterung um Ansprüche aus einem weiteren Patent in dem Hauptverfahren stattgegeben wurde, wird ein am letzten Tag der Fristen nach R.224.1(b) und R.224.2(b) VerfO gestellter Antrag der Antragstellerinnen auf Fristverkürzung gemäß R. 9.3(b) VerfO für die Einreichung eine Berufungserwiderung im Hinblick auf die Interessen des Berufungsbeklagten und die Grundsätze eines ordentlichen Verfahrens zurückgewiesen, auch wenn dies bedeuten könnte, dass im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz die Klageerwiderung eingereicht werden muss bevor eine Entscheidung im Berufungsverfahren ergangen ist.
SCHLAGWORTE:
Beschleunigung des Berufungsverfahrens, R. 225(e), 9.3(b) VerfO
ANTRAGSTELLERINNEN / BEKLAGTE IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GERICHT ERSTER INSTANZ:
Netgear Inc.
Netgear Deutschland GmbH
Netgear International Limited
Im Folgenden auch gemeinsam Netgear genannt (im Singular)
Vertreten durch: Rechtsanwalt Dr. Stephan Dorn, Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte, Düsseldorf
ANTRAGSGEGNERIN / KLÄGERIN IM HAUPTVERFAHREN VOR DEM GERICHT ERSTER INSTANZ
Huawei Technologies Co. Ltd
Im Folgenden auch Huawai genannt
Vertreten durch: Rechtsanwalt Dr. Tobias J. Hessel, Clifford Chance, Düsseldorf
SPRACHE DES VERFAHRENS
Deutsch
STREITPATENTE
EP 3611989
EP 3678321
SPRUCHKÖRPER UND BESETZUNG:
Diese Anordnung wurde erlassen durch den zweiten Spruchkörper des Berufungsgerichts in nachfolgender Besetzung:
Rian Kalden, Vorsitzende Richterin und Berichterstatterin
Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin
Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin
BEANSTANDETE ANORDNUNG DES GERICHTS ERSTER INSTANZ
Datum: 18. Januar 2024 (hochgeladen am 23. Januar 2023; ORD_597550/2023 im Nebenverfahren APP_595631/2023 im Hauptverfahren ACT_459771/2023)
Aktenzeichen des Gerichts erster Instanz: UPC_CFI_9/2023
KURZE DARSTELLUNG DES SACHVERHALTS
Mit der beanstandeten Anordnung bestätigte der Spruchkörper der Lokalkammer München in einem Verfahren nach Regel 333.1 RoP (Überprüfung durch den Spruchkörper; APP_595631/2023) die Anordnung des Berichterstatters (ORD_589178/2023 vom 11. Dezember 2023), die von Huawei beantragte Klageerweiterung in dem Hauptverfahren hinsichtlich des europäischen Patents 3678321 zuzulassen (APP_587438/2023 vom 23. November 2023). Die von Huawei am 1. Juni 2023 eingereichte Klage stützte sich ursprünglich nur auf das europäische Patent 3611989.
WIEDERGABE DER ANTRÄGE DER PARTEIEN
Netgear hat gegen diese Anordnung Berufung eingelegt und beantragt im Hauptverfahren vor dem Berufungsgericht (APL_4881/2024),
- die Anordnung der Lokalkammer München ORD_597550/2023 (im Verfahren App_595631/2023), sowie die Anordnung des Berichterstatters der Lokalkammer München ORD_589178/2023 (im Verfahren App_587438/2023) aufzuheben,
- den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Klageerweiterung vom 23. November 2023 zurückzuweisen,
- die Anordnung der Lokalkammer München ORD_593106/2023 (im Verfahren ORD_593105/2023) zur Abtrennung des Gegenstands der Klageerweiterung aufzuheben; [dieser Antrag ist Gegenstand von APP_7580/2024 in APL_5395/2023 UPC_CoA_44/2024]
- hilfsweise, für den Fall, dass das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Klageerweiterung ausgeht, einen angemessenen Fristlauf für die Verteidigungsmittel der Berufungsklägerinnen anzuordnen, der es den Berufungsklägerinnen erlaubt, alle vorgesehenen Verteidigungsmittel, die ihnen gegen eine neue Klage zustünden, auch gegen den Streitgegenstand der Klageerweiterung geltend zu machen;
- die Beschleunigung des Berufungsverfahrens betreffend die Berufungsanträge 1 bis 4 nach Regel 225 lit. e i.V.m. 9.3 lit. b VerfO anzuordnen und die Stellungnahmefristen in diesem Berufungsverfahren nach Ermessen des Berufungsgerichts abzukürzen. [gemäß APP_7573/2024].
Netgear macht geltend, ein dringliches Interesse zu haben und trägt vor: „Die Lokalkammer geht ausweislich von Ziffer 2 der Anordnung ORD_597550/2023 von einer Klageerwiderungsfrist aus, die bereits am 11. März 2024 abläuft, also weniger als fünf Wochen nach Einlegung dieser Berufung gegen die Anordnung ORD_597550/2023. Es besteht daher die Besorgnis, dass ohne Anordnung der Beschleunigung eine Entscheidung des Berufungsgerichts über die Berufungsanträge zu 1) bis 4) erst nach Ablauf der Frist getroffen werden kann.” Netgear beantragt, die Stellungnahmefristen im Berufungsverfahren durch das Berufungsgericht entsprechend abzukürzen und erforderlichenfalls einen zeitnahen Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen.
TATSÄCHLICHE UND RECHTLICHE STREITPUNKTE
Antrag auf Verkürzung einer Frist (Beschleunigung des Berufungsverfahrens), R. 225(e), 9.3(b) VerfO
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
- Der Antrag auf Fristverkürzung ist zulässig.
- Es besteht keine Notwendigkeit, Huawei zu diesem Antrag anzuhören.
- Gemäß R. 224.2(b) VerfO hat ein Berufungsbeklagter 15 Tage ab Zustellung der Berufungsbegründung Zeit, eine Berufungserwiderung einzureichen.
- R. 9.3(b) VerfO ermächtigt das Gericht, auf begründeten Antrag einer Partei eine Frist zu verkürzen.
5.
Netgear hat den Antrag auf Beschleunigung des Berufungsverfahrens gleichzeitig mit der Einreichung der Berufungsschrift, die die Berufungsbegründung enthält, am 7. Februar 2024 außerhalb der Geschäftszeiten eingereicht, und damit die Frist von 15 Tagen nach R. 224.1(b) und 224.2(b) VerfO vollständig ausgenutzt.
6.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass Netgear mit seinem Antrag das Interesse Huaweis an einer angemessenen Frist zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der Berufungserwiderung unter Berücksichtigung der Zeit, die Netgear selbst für die Vorbereitung der Berufungsbegründung in Anspruch genommen hat, nicht ausreichend berücksichtigt hat. Dem Antrag auf Beschleunigung des Berufungsverfahrens stattzugeben, würde den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, Fairness und Billigkeit, die das Gericht bei der Anwendung der Verfahrensordnung zu berücksichtigen hat, zuwiderlaufen. Das Berufungsgericht ist sich bewusst, dass dies bedeuten könnte, dass die Klageerwiderung im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz einzureichen ist bevor eine Entscheidung im Berufungsverfahren ergangen ist, ist jedoch der Ansicht, dass unter den vorliegenden Umständen – insbesondere des Umstands, dass die Frist von drei Monaten für die Einreichung der Klageerwiderung in Bezug auf die klageerweiternden Anträge ab dem Zeitpunkt gesetzt wurde, an dem dem Antrag auf Zulassung der Klageerweiterung durch den Berichterstatter stattgegeben wurde – die Interessen Huaweis und die Grundsätze eines ordentlichen Verfahrens die Interessen Netgears überwiegen.
7.
Der Antrag auf Verkürzung der Frist für die Berufungserwiderung ist zurückzuweisen.
ANORDNUNG
Der Antrag auf Fristverkürzung wird zurückgewiesen.
ANWEISUNGEN AN DIE PARTEIEN UND DIE KANZLEI BETREFFEND DIE NÄCHSTEN VERFAHRENSSCHRITTE
Mit dieser Anordnung wird APP_7573/2023 abgeschlossen.
Erlassen am 22 Februar 2024
NAMEN UND UNTERSCHRIFTEN
Rian Kalden, Vorsitzende Richterin und Berichterstatterin
Ingeborg Simonsson, rechtlich qualifizierte Richterin
Patricia Rombach, rechtlich qualifizierte Richterin
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